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Blickwinkel

  • ©willi
  • 1. Aug. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Wir leben in einer gefallenen Welt, erfüllt von Sünde, Gottlosigkeit und bewusster Auflehnung gegen Gott. Folgerichtig sehen wir moralischen Verfall, wirtschaftlichen Niedergang, Kriege und Menschen voller Angst vor der Zukunft. Die Stimmung und Zukunftserwartung scheint von negativen Gedanken und Gefühlen bestimmt zu sein. Alles scheint zu Grunde zu gehen.


Als Christen lassen uns diese Zustände nicht kalt. Was aber ist unser Blickwinkel auf die Ereignisse in dieser Welt und auf die Menschen, die im Strom des Zeitgeistes mitschwimmen?

Es besteht die Gefahr, dass wir vielleicht unbewusst eine negative innere Grund- und Geisteshaltung übernehmen. Wir können jeden Tag genug Sünden und Sünder in dieser Welt finden um uns darüber aufzuregen. Wir stehen in der Gefahr zu vergessen, dass auch wir einmal ohne Jesus lebten und kein Eigenlob für unsere Errettung beanspruchen können. Wenn Christus uns errettet hat, können wir Gott dann nicht jeden Tag dafür loben und preisen, dass wir ihn kennen dürfen, dass wir nicht ziellos durch diese verdorbene Welt irren müssen, sondern dass er uns führt und einen Weg zur ewigen Heimat gebahnt hat?


Wie wäre es also wenn wir versuchen würden unseren Blickwinkel auf unsere Mitmenschen zu verändern?

Statt über sie zu klagen können wir Gott vielmehr darum bitten, dass er Menschen die Augen für seine Gnade öffnen möchte, damit sie vom geistlichen Tod zum Leben kommen könnten (Johannes 5,24). Wir dürfen von Jesu Gesinnung lernen: er begnügte sich nicht damit die Sünde bloß aufzudecken, sondern er erniedrigte sich und kam auf diese Erde um Sünder zur Buße zu rufen (Lukas 5,32). Er nahm alle Sünden ans Kreuz, deshalb besteht auch heute noch Hoffnung für den schlimmsten Sünder. Die Umkehr eines Sünders mag noch so aussichtslos erscheinen, bei Gott ist nichts unmöglich.


Wir dürfen auch lernen alle Ereignisse in dieser Welt aus dem Blickwinkel Gottes zu betrachten:

Es mag noch so viel Gottlosigkeit um uns herum herrschen – in Wirklichkeit hält Gott alles in seiner Hand, Jesus „muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat“ (1. Korinther 15,25). Im Durcheinander der Geschehnisse unserer Zeit dürfen wir stille werden und erkennen, „dass der Herr Gott ist“ (Psalm 100,3). Es mögen sich noch so viele Mächte und Mächtige verbünden um sich gegen Gott und seinen Willen aufzulehnen – in Gottes Augen ist ihr Versuch nur bedauernswert lächerlich, denn „der im Himmel thront, lacht, der Herr spottet über sie“ (Psalm 2,4). Gott entgeht nichts, er ist allwissend, allmächtig und in seiner Weisheit führt er seinen Plan in und mit der Welt so aus wie es ihm gefällt. Wir müssen uns nicht fürchten und brauchen nicht zu verzagen, denn er steht uns zur Seite und in ihm haben wir Frieden und Freude: „Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ (Johannes 16,33)


Die nicht sonderlich freudeverheißenden Zukunftsaussichten auf dieser größtenteils Gott feindlichen Welt sind somit nicht entscheidend für uns. Wir dürfen uns darauf besinnen, dass wir zwar in dieser Welt leben aber aufgrund der Gnade Gottes nicht von dieser Welt sind (Johannes 17,16). Unsere Blickrichtung geht dann hoffnungsvoll himmelwärts, denn „unser Bürgerrecht ist im Himmel, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus erwarten“ (Philipper 3:20). Wir dürfen uns darin üben unseren Blick nicht auf die Welt, sondern fest auf Gott zu richten. Dann werden wir mit Jesus auch Überwinder dieser Welt sein können, denn nichts kann uns von seiner Liebe trennen (Römer 8,39).


Negative gesellschaftliche Entwicklungen und persönliche Enttäuschungen im Umgang mit Menschen – sei es im Privatbereich, in der Arbeitswelt oder sogar in der Gemeinde – haben in uns möglicherweise Misstrauen gegenüber unseren Mitmenschen hervorgerufen. Um weitere Enttäuschungen zu vermeiden, neigen wir dazu, ihr Verhalten und ihre Absichten oft überkritisch zu beurteilen. Auch wenn gesunde Vorsicht in der heutigen Zeit wichtig sein mag, besteht die Gefahr, dass diese Denkgewohnheiten die gegenseitige Wertschätzung, das Zusammenleben und die Einheit unter Christen gefährden.


Aus welchem Blickwinkel betrachten wir unsere Geschwister im Herrn? Konzentrieren wir uns hauptsächlich auf ihre Mängel, Fehler und Schwächen? Oder sind wir darum bemüht, einander zu helfen und uns in Liebe zu tragen, damit wir alle in der Christusähnlichkeit wachsen können?


Bei genauerem Hinsehen werden wir sicherlich Splitter im Auge unseres Bruders oder unserer Schwester entdecken. Aber warum schauen wir genauer hin? Wollen wir wirklich helfen, diese zu entfernen, oder möchten wir vielmehr von unserem eigenen Balken im Auge ablenken? Ist unser Ziel, unsere eigene negative Haltung gegenüber unseren Geschwistern zu rechtfertigen und bestätigt zu sehen? (vgl. Matthäus 7, 1-5)


Unser erster Blick sollte in den Spiegel des Wortes Gottes gehen. Dort können wir unsere eigenen Unzulänglichkeiten erkennen und werden daran erinnert, welch große Vergebungs- und Hilfsbereitschaft Gott uns in unserem Leben zuteil werden ließ. Darüber hinaus zeigt Gott uns unsere anhaltende Hilfsbedürftigkeit und Abhängigkeit von seiner Gnade. Er will uns helfen, zunächst den Balken aus unserem eigenen Sichtfeld zu entfernen: all die eigenen Übertretungen, die Gott uns zeigt, sowie alle eigennützigen und unlauteren Motive, die uns zu einer negativen Grundhaltung gegenüber dem Bruder oder der Schwester veranlasst haben.


Wenn wir Gottes Barmherzigkeit persönlich erfahren, sollte das unseren Blick auf den Nächsten maßgeblich beeinflussen. Die Größe des Splitters lässt sich bei ungetrübter Sicht wesentlich besser beurteilen. Unser Blick auf den Nächsten ist dann nicht der eines verurteilenden Richters, sondern der eines liebenden Bruders oder einer liebenden Schwester. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass Jesu Liebe groß genug ist, um auch unseren Geschwistern bei der Entfernung des Splitters behilflich zu sein. Es ist unser Vorrecht, füreinander zu beten und einander auf Jesus hinzuweisen, der jeden Schaden beheben kann.


Wir sollten uns außerdem bewusst dafür entscheiden, Christus im Nächsten zu sehen, denn Christus hat uns alle angenommen: „Darum nehmt einander an, gleichwie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes!“ (Römer 15,7). Die gegenseitige Annahme ist nicht immer leicht, da wir alle mit unterschiedlichen Schwächen zu kämpfen haben und uns nicht jeder Charakterzug des Nächsten sympathisch ist. Deshalb braucht es eine bewusste innere Entschlossenheit, einander mit Geduld, Nachsicht und Demut zu begegnen. Wenn unsere Gesinnung wirklich auf das Wohlergehen des Nächsten ausgerichtet ist, wird die Liebe Gottes uns dazu befähigen, einander nötigenfalls zu ertragen.


Die Liebe der Kinder Gottes zueinander ist ein wichtiger Bestandteil unserer Berufung als Kinder Gottes. Durch entschiedene, anhaltende Liebe zueinander, ganz gleich, ob wir den Nächsten als liebenswert empfinden oder nicht, unterscheiden wir uns von der Welt. Nur so werden wir die durch den Geist Gottes bewirkte Einheit der Kinder Gottes bewahren können (Epheser 4,1-3).


Keiner von uns hat die Liebe Gottes verdient, doch Jesus hat sie uns dennoch erfahren lassen. Der liebende Blick Jesu führte Petrus einst zur Sündenerkenntnis und Buße (Lukas 22,61-62). Lasst uns seinem Vorbild folgen, indem wir unseren Blickwinkel durch die Liebe Gottes erweitern lassen, sodass die Betrachtung unserer Geschwister niemals in Lieblosigkeit erfolgen muss.

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